Die Geheimnisse von Pu Erh
Teeplantage in der chinesischen Provinz Yunnan
Geschrieben von Vanessa
Veröffentlicht am 22. Januar 2016
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Teereise

Seit über 1700 Jahren wird diese traditionelle Teespezialität schon in der chinesischen Provinz Yunnan, in der Stadt Pu‘er hergestellt, von der er auch seinen Namen hat.

Die Blätter stammen von der Teepflanze Camelia Sinensis und werden in einem ganz speziellen Verfahren verarbeitet. Durch Erhitzen (rösten) wird die Fermentation weitestgehend unterbunden, daher würde man Pu Erh eher zu den Grüntees zählen. Aber da eine Restfeuchtigkeit in den Blättern erhalten bleibt, findet doch auch eine Oxidation statt. Der verarbeiteten Blätter sind dunkel wie Schwarzer Tee und auch die meist kupferrote Tassenfarbe erinnert an diesen. Aber diese Streitfrage werden auch wir nicht lösen können, Pu Erh ist was er ist, eine besondere Spezialität. Bekannt auch als „Ziegeltee“, denn er wurde früher für den leichteren Transport, der noch auf dem Landweg per Kamel von China über Russland nach Europa geführt hat, in Ziegel und andere Formen gepresst. Heute wird dies ausschließlich aus traditionellen Gründen noch gemacht. Aber Aufgetürmte Teeziegel prägen so manches Straßenbild oder Markt in China.

Im Mai 2014 hatte Andrew Demmer das Vergnügen bei seiner China Rundreise auch eine Teefabrik zu besuchen, bei der die Herstellung von Pu Erh ausführlich gezeigt und erklärt wurde. Ein Streifzug durch die schönen Teefelder bis hin zu der besonderen Verarbeitung und dem Pressen der Ziegel! Das ist Tatsächlich eine Seltenheit, denn die Teamaster machen ein großes Geheimnis um die Herstellung des Pu Erh Tees. Normalerweise werden keine Besucher empfangen, denn das Wissen über die richtige Produktion und das Know-how einen hochwertigen Tee herzustellen wird nicht preisgegeben.

Gekochter oder ungekochter Pu Erh? Die behutsame Verarbeitung

Damit der besondere, aromatische Pu Erh Tee entsteht, werden die Blätter von älteren Teebüschen verwendet. Die frisch gepflückten, grünen Blätter werden in einem heißen Wok – oder in modernen Betrieben in einer heißen, rotierenden Walze – „geröstet“ und damit wird später die Oxidation unterbunden. Dies wird aber nicht wie bei herkömmlichen Grünen Tees vollständig durchgeführt, sondern es verbleibt eine gewisse Restfeuchtigkeit in den Blättern. Dabei muss der Teamaster genau aufpassen – wird zu kurz geröstet, wird der Nachreifungsprozess zu schnell vorangetrieben und die Qualität entwickelt sich eher in Richtung Schwarzem Tee. Ist der Trocknungsvorgang zu lange, werden auch diese Enzyme zerstört, die für die Reifung zuständig sind und es entsteht Grüner Tee.

Wenn das Rösten aber mit viel Erfahrung und Wissen dann doch perfekt verlaufen ist, werden die Blätter danach gerollt und für 1 bis 3 Tage (je nach Wetterlage und Feuchtigkeitsgrad der Teeblätter) in der Sonne getrocknet. Jetzt beginnt einer der wichtigsten Arbeitsschritte – das Reifen, das den Pu Erh zu etwas ganz Besonderem macht. Denn dabei entstehen durch die Restfeuchtigkeit Mikroorganismen wie bei Käse, die zur Bildung des außergewöhnlichen Geschmacks und des feinen Aromas beitragen. Erst seit wenigen Jahrzehnten gibt es für die Reifung zwei unterschiedliche Produktionsprozesse:

Traditionell wird der Pu Erh mit der sogenannten „uncooked“ (ungekocht) Methode hergestellt, bei der die Blätter mindestens 5 Jahre reifen müssen. Dazu werden die noch feuchten Blätter (9-14%) entweder lose belassen oder in eine flache Kuchenform gepresst und in einem Raum mit hoher Temperatur (50-60°C) gelagert. Die in den Blättern verbliebenen Enzyme starten jetzt den Reifungsprozess. Durch die lange Aufbewahrung entsteht ein Pu Erh bzw. ein sogenannter Shen Pu, der ein besonders elegantes Aroma besitzt, das sich wie bei einem guten Rotwein, mit der Zeit auch noch verbessert. Der Geschmack ist würzig, aber dennoch mild und leicht süßlich und kann sogar an Grünen Tee erinnern. Die Tasse hat eine helle Farbe. Daher gilt für diesen Pu Erh – je älter desto besser, aber auch teurer. Diese besonders lange gereiften Tees werden aber selten in Europa gehandelt, sie sind der chinesischen Oberschicht und Liebhabern in China und den USA vorbehalten.

Die modernere Variante des Reifens ist die „cooked“ (gekochte) Produktion (seit den 70er Jahren), aus der der sogenannte Shuo Pu entsteht. Wobei das Wort cooked ein wenig verwirrend ist, denn eigentlich wird dabei nichts gekocht. Sondern nachträglich Wasser hinzugefügt, um den langwierigen Reifeprozess zu beschleunigen. Dadurch reifen die Blätter nur noch mindestens 3 Monate im Keller, wo sie mit Baumwolltüchern abgedeckt oder in Baumwollsäcke gelegt, gelagert werden. Dadurch kann natürlich auch die große Nachfrage aus dem In- und Ausland schneller bewältigt werden. Nach Abschluss des Reifungsprozesses werden die noch feuchten Teeblätter mit schweren Gewichten aus Stein in Form gepresst. Der Geschmack erhält durch den kurzen Prozess einen sehr erdiges, robustes Aroma und eine dunkle, rot-braune Farbe.

Pu Erh gibt es in verschiedenen Formen – entweder als losen Tee, zu Halbkugeln verarbeitet, die sogenannten „Tee-Nester“ oder auch Tuo Cha (siehe ganz rechts im Bild oben) oder in der bereits erwähnten Ziegelform, die auf Chinesisch Bing Cha genannt wird.

Pu Erh – ein Schlankmacher?

In Österreich zählt Pu Erh Tee eher zu den unbekannteren, in Osteuropa hat diese Sorte besonders in den 90er Jahren einen Boom erlebt, da man ihm nachsagt, ein Schlankmacher zu sein, den Cholesterinspiegel zu senken und die Verdauung anzuregen. Wissenschaftliche Nachweise gibt es zu diesen Wirkungsweisen jedoch nicht. Pu Erh hat die gleichen Inhaltsstoffe wie auch andere Tees, jedoch einen hohen Anteil an Koffein. Für uns ist Pu Erh ein hochwertiger Tee und traditionelles Genussmittel, das man auf jeden Fall mal getrunken haben muss!

Die perfekte Tasse!

Für die Zubereitung wird vom gepressten Pu Erh einfach ein Stück heruntergebrochen – je nachdem welche Menge Tee zubereitet werden soll. Wir empfehlen ca. 3g Tee pro ¼ L Wasser bzw. 10-12g für 1 Liter Wasser. Die Blätter am besten lose in eine Kanne geben, mit 100°C heißem Wasser aufgießen und 3-4 Minuten ziehen lassen. Danach einfach die Blätter abseihen und den Aufguss genießen!

Immer noch nicht genug von Pu Erh? Auf Youtube findest du einen interessanten Film zum Herstellungsprozess – hier klicken!